Ivan Matejèiæ
Frühmittelalterliche Denkmäler des Lapidariums und die Novigrader Kathedrale
 
Den Kern und wichtigsten Teil des Novigrader Lapidariums bildet die Sammlung frühmittelalterlicher Denkmäler, architektonischer Plastik und kirchlichen Inventars, deren alle Stücke aus der benachbarten Kathedrale stammen. Die Anfänge des Novigrader Bistums (1928 aufgehoben) siedeln die meisten Autoren in frühchristliche Zeiten an und belegen diese These durch Dokumente, in denen ein Bischofssitz erwähnt wird, der als Novigrad identifiziert werden könne. Doch diese Dokumente könnten sich auch auf andere Orte im Veneto beziehen. G. Cuscito bemerkt korrekt, dass der erste eindeutig dokumentierte Bischof von Novigrad erst Mauritius war, dessen Name auf dem bekannten Ziborium zu lesen ist und der zweifellos mit dem istrischen Bischof identisch ist, der im von Papst Hadrian zwischen 776 und 780 an Karl den Großen gerichteten Brief erwähnt wird (CUSCITO, 2002, 67). Es ist nicht ausgeschlossen, dass in Novigrad noch vor der Karolingerzeit eine Kirche existierte, worauf einige Steinfragmente mit Spuren frühchristlicher Kunst hindeuten, und in das Frühchristentum wird auch die achteckige, Ende des 18. Jahrhunderts abgerissene Taufkapelle datiert.

Die heutige Pfarrkirche des heiligen Pelagius, die ehemalige Novigrader Kathedrale, ist ein dreischiffiges Gebäude mit auf viereckigen Pfeilern beruhender Arkatur, in dessen flache Rückseite eine halbrunde, über der halb eingegrabenen Krypta liegende Apsis eingeschrieben ist. Die morphologischen Merkmale der Kirche, ihre Wanddekoration und ihr liturgisches Inventar sind das Resultat zahlreicher und umfangreicher Rekonstruktionen, die zwischen dem 15 und dem 18. Jahrhundert stattfanden. Drei Fenster mit halbrunden Bögen, die 1972 an der Nordwand der Basilika, zwischen den existierenden Barockfenstern entdeckt wurden, deuten auf die mittelalterliche oder noch ältere Struktur unter den neuzeitlichen Wandoberflächen (PARENTIN, 1974, 193). Mittelalterliche Merkmale weist auch die unterhalb des Altarraums liegende Krypta auf. Dieses Ambiente erregt seit langem die Aufmerksamkeit der Forscher, und die Restaurierungsarbeiten in der Krypta 1996-1999 brachten Funde zum Vorschein, die eine Rekonstruktion des ursprünglichen Aussehens der Pelagius-Kirche und eine neue Interpretation und Datierung sowohl der Krypta, als auch des gesamten Komplexes ermöglichen.

Der Grundriss der Krypta deckt sich mit dem darüber liegenden Altarraum, und es wurde erwiesen, dass die Apsis und die Mauern der Krypta zur gleichen Zeit entstanden sind. Zwischen dem Halbrund der Apsis und den rechteckigen Außenmauern wurde zu beiden Seiten je ein kleiner, überwölbter Raum gebaut. Das Kreuzgewölbe mit massiven, gemauerten Längs- und Querrippen wird von vier Pfeilern und mehreren Halbpfeilern entlang der Wände der Krypta getragen. Die Kapitelle der vier Pfeiler wurden in der gründlichen Instandsetzung der Krypta 1867 ersetzt; drei von den beschädigten ursprünglichen Kapitellen wurden jedoch 1997 in einem verbauten Fenster entdeckt. Ihrer Form nach sind sie den erhaltenen Halbkapitellen ähnlich: eine einfache stumpfe Pyramide mit vertikalen, progressiv zur Kugelform an der Basis abgerundeten Kanten. Im Laufe der erwähnten Untersuchungen wurden zwei ursprüngliche, symmetrisch angelegte Eingänge in die Krypta entdeckt, ein Teil des Gewölbes des "Zutrittstunnels" sowie einige Treppenstufen. Die ursprünglichen Eingänge befinden sich unter den existierenden barocken Treppen, die zum Altarraum führen. In den Restaurierungsarbeiten wurden drei zugemauerte Fenster der Krypta entdeckt und wieder geöffnet. Eines davon ist mit einer ursprünglichen steinernen Transenne mit Flechtwerkornamenten bestückt.

In der Krypta wurden zahlreiche Fragmente frühmittelalterlichen Kircheninventars und entsprechender Ausrüstung gefunden. Diese Fragmente wurden bei späteren Reparaturen und Umbauten als Spolien verwendet. Mit ihnen wurden die ursprünglichen Türen und Fenster zugebaut und die Fußböden belegt. Die am besten erhaltenen und schönsten Tafeln mit frühmittelalterlichen Ornamenten (hauptsächlich Flechtwerk im Relief) wurden 1895 aus dem Fußboden der Krypta gelöst: Sie machten den Bestand des ersten Lapidariums aus. Wenn man diesen Fragmenten die in den Restaurierungsarbeiten 1996-1999 gemachten Funde hinzuzählt, bekommt man eine Sammlung von über ein hundert Steindenkmälern. Einige von ihnen stehen auch heute noch dort, wo sie eingebaut wurden, wie z. B. der Rahmen der neuen Tür zur Krypta, der aus zwei mit frühmittelalterlichen Motiven aus dem 8. Jh. verzierten Fragmenten besteht. Eine der Marmorsäulen der Altarschranke mit einer gemeißelten, aus einem Kreuz und Bäumen bestehenden Komposition, die Christus im Paradies symbolisiert, wurde bei dieser Tür als Sturz verwendet. Diese Skulptur ist in der Krypta zu sehen. Die meisten reliefgeschmückten Fragmente wurden beim Abbau des viereckigen Stipes des Altars, der sich in der Mitte der Krypta befand, gefunden. Der gemauerte Unterbau bestand gänzlich aus Bruchstücken frühmittelalterlicher Skulpturen. Der schönste Fund am Altar ist ein Bogenfragment des Mauritius-Ziboriums, mit dem seine lückenhafte zweite Seite vervollständigt wurde. Das dazugehörende Kapitell wurde im verbauten ursprünglichen Südeingang in die Krypta entdeckt. Unter den Fragmenten der einstigen Altarschranke der Novigrader Kathedrale, von denen einige Dutzend gefunden wurden, heben sich vor allem Überreste von Pluteen mit Flechtwerkornamenten hervor, die jedoch nicht massiv, sondern durchbrochen sind. Bei frühmittelalterlicher Skulptur ist das eine große Seltenheit, weil die Herstellung solcher perforierten Steinplatten äußerst kompliziert war. Die vier durchbrochenen Pluteen von Novigrad sind seltene, wenn nicht gar einzigartige Stücke in ganz Europa. Sie wurden durch Pfeiler mit verzierten Kapitellzonen und oberen Verbindungsbalken zusammengehalten. Es seien auch die Ornamente an der Vorderseite der Pfeiler hervorgehoben, jeweils ein doppelter Rahmen, der ein kassettenartiges Motiv ergibt. Dieses Detail erinnert sehr an die Art, in der Pfeilerstirnseiten im 6. Jh. dekoriert wurden, was unter anderem am Beispiel der Euphrasius-Basilika in Poreè zu sehen ist. Motive der frühchristlichen Kunst wurden in der Vorromanik häufig nachgeahmt, und ähnliche Ornamente an Pfeilern aus dem 8. Jh. sind an mehreren Stellen in Rom vorhanden. Dies bezeugt zusätzlich den Wert der Novigrader vorromanischen Skulpturen und besagt, dass sie keineswegs provinziellen Charakter haben.

Fragmente des vorromanischen Kircheninventars, die heute in der Kirche und im Lapidarium zu sehen sind, sind nicht das Werk eines einzigen Autors oder einer Werkstatt, sondern sind wahrscheinlich in der Periode von der Mitte des 8. bis zum Ende des 9. Jahrhunderts entstanden. Aus dem hohen Mittelalter stammen wahrscheinlich Reliefs, in denen der regelmäßige und rasche Rhythmus eines großen Repertoires geometrischer Ornamente überwiegt, eine Eigenschaft, die hunderte von Reliefs aus dieser Zeit in ganz Italien, aber auch in Dalmatien und Kroatien aufweisen. Davon sind später, im 11. oder 12. Jahrhundert entstandene Steindenkmäler leicht zu unterscheiden, wie z. B. die Tafel mit den Löwenreliefs oder die Fenstertransenne mit der symmetrischen Rebenranke.

Im Nordfenster der Krypta ist eine eingebaute steinerne Transenne erhalten. Sie ist an der Innenseite mit verknoteten dreisträngigen Schlingen geschmückt. Gleiche Motive und Bearbeitung sind auch an einigen Pluteen festzustellen, was den Schluss erlaubt, dass die Fenstertransenne aus derselben Zeit wie das übrige Inventar stammt, also vom Ende des 8. oder Anfang des 9. Jahrhunderts. Diese Datierung der Transenne führt zu einer weiteren Schlussfolgerung, nämlich dass sowohl die Krypta als auch die ganze Kathedrale im 8. oder 9. Jahrhundert erbaut worden sein könnten. Jedenfalls existierte zu dieser Zeit in Novigrad eine große Kirche mit prunkvollem, durch raffinierte Reliefs geschmücktem Steininventar. Die Formen der Novigrader Krypta, vor allem ihr Grundriss, stimmen weitgehend mit den Formen der Krypta in der Kathedrale von Aquileia überein, die zunehmend in die Zeit des Patriarches Paulinus, also in das 8. Jahrhundert, datiert wird. Übereinstimmend sind auch die kleinen Räume zwischen den Außenmauern und dem Halbrund der Krypta sowie die Halbkapitelle der Pfeiler entlang der Wände. Die mittige Lage des Kryptenaltars mit den Reliquien ist bei den beiden Kirchen ebenfalls gleich. Das letztere Detail ist in Aquileia nicht mehr vorhanden, während in Novigrad ein Reliquiar erhalten geblieben ist: Es steht auf vier Säulen, die bis zum zentralen Gewölbe der Krypta reichen und somit eine Verbindung mit dem Altar im darüberliegenden Sanktuar herstellen. Seine heutige Form einer steinernen Truhe bekam das Reliquiar nach der von Bischof Adam veranlassten Umarbeitung im Jahr 1146 und einer weiteren, veranlasst von Bischof Caimo im Jahr 1621. Darin wird das, was von den Reliquien der Novigrader Schutzpatronen nach einer Plünderung im 14. Jh. und einem Diebstahl im 16. Jh. übrig geblieben ist, aufbewahrt. Als der Altarunterbau auseinander genommen wurde, kam unter der Reliquientruhe ein kleines Steinsarkophag mit Deckel zum Vorschein. Dies könnte der ursprüngliche Aufbewahrungsort der Novigrader Reliquien gewesen sein.

Die Krypta war konsequent zur Aufbewahrung und Verehrung der wertvollen Reliquien ausgestattet. Bereits Kandler bemerkte, dass die antiken Spolien, römische Grabdenkmäler mit Inschriften, in der Krypta dazu verwendet wurden, dem Raum zusätzlich Wichtigkeit zu verleihen und die Bedeutung dieses heiligen Ortes zu betonen (KANDLER, 1847, 229). Im nördlichen kleinen Raum befindet sich eine römische Urne. Sie ist größer als der Eingang, also muss sie während der Bauarbeiten an der Krypta dort aufgestellt worden sein. An der Vorderseite der Urne ist die übliche Inschrift gemeißelt und an den Seiten geflügelte, Fackeln tragende Genien, in der römischen Mythologie die Begleiter der Seelen auf dem Weg in die Unterwelt. In dem engen Raum kann man diese schönen Reliefs nicht sehen, daher wurde die Urne während der Restaurierungsarbeiten vorübergehend umgedreht, damit die Ornamente fotografiert werden konnten. Steinplatten mit römischen Inschriften dienten als Unterlage für die Säulen, die die Konstruktion der Krypta tragen. Diese massiven Platten wurden bei der Reparatur der Krypta Mitte des 19. Jahrhunderts zum Teil entfernt und dabei zerbrochen - ihre Fragmente befinden sich im Lapidarium. Zwei Fragmente ohne Inschrift wurden als Sockel für die neu aufgestellten Säulen verwendet. Weitere römische Inschriften wurden in das neue große Altar eingebaut, das im 19. Jh. mit Steinplatten ausgelegt wurde. Die Namen der Verstorbenen und ihrer Angehörigen, die darauf zu lesen sind, haben eine große Ähnlichkeit mit den Namen der Protagonisten der Legende vom Märtyrertod des heiligen Pelagius. Deswegen schloss Kandler richtig, dass römischen Inschriften in der Krypta nicht nur geeignetes Baumaterial waren, sondern dass sie zugleich als pseudoarchäologische und epigraphische Dokumente dazu dienten, dem Andenken an den lokalen Märtyrer größere Glaubwürdigkeit zu verleihen.

Der bedeutendste Fund aus der Novigrader Krypta ist eine große Marmortafel, die seinerzeit das Sarkophag mit der Reliquie des hl. Pelagius abdeckte. Sie wurde 1998 im Fußboden der Kathedrale entdeckt. Sie war teilweise von einer Stufe an der neueren Tür bedeckt, so dass sie unbemerkt blieb, als Ende des 19. Jh. der Fußboden aufgerissen wurde (MATEJÈIÆ, 2000, 51). An der Innenseite des Sarkophagdeckels steht ein grob gemeißeltes Reliefkreuz und die Inschrift S(an)C(tu)S PELAGIU(s). Die Schrifteigenschaften deuten darauf hin, dass die Inschrift vom Ende des 8. oder Anfang des 9. Jh. stammt und damit die älteste erhaltene Erwähnung des Schutzpatrons von Novigrad ist. Die Tafel ist jetzt in der Krypta ausgestellt.

Einen besonderen Stellenwert in der Novigrader Sammlung frühmittelalterlicher Skulptur haben die Fragmente des Ziboriums, das sich in der einstigen Taufkapelle der Kathedrale befand. Im neuen Lapidarium sind sie so ausgestellt, dass sie ihre ursprüngliche Lage in der Taufkapelle veranschaulichen. Das achteckige Taufkapellengebäude wurde Ende des 18. Jh., als es bereits baufällig war, auf Anweisung des Bischofs Stratik abgetragen. Sein Standort konnte bis heute nicht eindeutig festgestellt werden. Einigen Forschern zufolge stand die Taufkapelle unmittelbar vor der Kathedrale, andere sind der Meinung, dass sie sich ein wenig weiter südlich befand, etwa dort, wo heute der Kirchturm steht. Ihre Form ist jedoch weitgehend bekannt. Neben einigen älteren Beschreibungen ist eine Zeichnung des französischen Architekten Léon Dufourny aus dem Jahr 1783 erhalten. Sie stellt ein achteckiges Gebäude mit drei Fenstern und einem hölzernen Dachstuhl dar. In seiner Mitte befand sich ein erhobenes, sechseckiges Taufbecken. An den Ecken des Taufbeckens erhoben sich die Säulen, die die vorspringenden Seiten des Ziboriums trugen. Im Inneren der Taufkapelle befanden sich je zwei Stufen an den Wänden. Dufourny konnte die Taufkapelle nicht in dem Zustand gesehen haben, in dem er sie gezeichnet hat, denn zu diesem Zeitpunkt war sie bereits baufällig. Er konnte auch das Ziborium nicht gesehen haben, weil es längst abgetragen worden war. Seine Zeichnung ist also eine Rekonstruktion, aber auf Grund der vorhandenen Überreste. Die Seiten des Ziboriums waren damals in den Mauern der Kathedrale zur Schau gestellt, was Bischof Negri (1732-1742) veranlasste, der sie als Baumaterial in die Stufen der Taufkapelle eingebaut gefunden hatte. Dufournys Zeichnung, die später in der von Séroux d'Agincourt herausgebrachten monumentalen Sammlung von Bauplänen europäischer Architektur veröffentlicht wurde, entspricht jedenfalls den Beschreibungen der Taufkapelle, und Messungen haben ergeben, dass die erhaltenen Teile des Ziboriums exakt dargestellt sind.

Die Reliefs auf dem Ziborium sind genauso wichtig wie die am oberen Korbrand verlaufende Inschrift, die den Namen des Bischofs Mauritius enthält. Der Brief Papst Hadrians setzt Mauritius in die Zeit vor den siebziger Jahren des 8. Jahrhunderts, was den Eigenschaften der phantasievollen Kompositionen der Flachreliefs völlig entspricht. Jede Seite ist in drei Teile gegliedert; im oberen Gürtel verläuft die Inschrift, und darunter eine Zackenreihe, die sie von den dreieckigen Feldern über dem Bogen, in die Motive aus der Tier- und Pflanzenwelt gehauen sind, teilt. Da ist die Gestalt eines Einhorns, das einem Löwen gegenübersteht, ebenso wie Hirsche mit verzweigtem Geweih, Pfauen mit langen Hälsen und Schwänzen, Tauben, Blumen und stilisierte Blätter. Der breite Bogenrand ist am unteren Ende von einer Astragalenreihe und einem Band mit kleinen eingearbeiteten Kreisen umsäumt. Das mittlere, breitere Feld ist mannigfaltig geschmückt. Abwechselnd sind da geometrisierte Ranken, zweibändiges, Blätter und Trauben umfassendes Flechtwerk, einfaches Flechtwerk mit halbrunden "Augen" sowie doppeltes zweibändiges Flechtwerk zu sehen. Ähnliche Motive sind auf Ziborien aus dieser Zeit in ganz Veneto und Friaul vertreten. Das Ziborium von Cividale, vom Patriarchen Calixto (737-756) in Auftrag gegeben, weist nach Jurkoviæs Analyse die größte Ähnlichkeit mit dem Mauritius-Ziborium auf. Obwohl das Calixto-Ziborium ein größeres handwerkliches Können aufweist, kann man es als das ideelle und künstlerische Vorbild des Ziboriums von Novigrad betrachten (CUSCITO, 1984, 11-134; JURKOVIÆ, 1995, 141-149). Eine noch größere Ähnlichkeit besteht zwischen den Reliefs aus Novigrad und dem Schmuck auf den Fragmenten des in Aquileia entdeckten Ziboriums. Es ist anzunehmen, dass dieses Ziborium einst über dem Taufbecken der Kathedrale von Aquileia stand, was die Schlussfolgerung erlauben würde, dass man in Novigrad auch in diesem Detail die monumentalen Vorbilder aus dem metropolitanen Zentrum nachahmte. Das ausgestellte Ziborium von Novigrad wird auch von einem abschließenden Kranz vervollständigt, dessen einige Fragmente im Lapidarium ausgestellt sind. Mehrere Autoren brachten diese Fragmente mit dem Ziborium in Verbindung, doch erst jetzt wurden sie auch physisch als Krone des eleganten Baldachins aufgestellt. Die Säulen, auf denen die erhöhte Konstruktion stand, sind nicht erhalten, dafür wurde aber ein Kapitell gefunden, das mit Sicherheit zum Ziborium gehörte. Es ist mit zwei Reihen einfacher, fleischiger Blätter und im oberen Teil mit einer dazwischenliegenden, in Relief gearbeiteten Rose geschmückt. Am oberen Ende des Kapitells befinden sich Löcher zur Verbindung mit dem Korb sowie eine Vertiefung, in der die Ferse des Korbes lag; diese Vertiefung ist im Winkel von 60° gemeißelt, was der sechsseitigen Form des Ziboriums entspricht.

Die außerordentlich wertvolle und reiche Sammlung frühmittelalterlicher Denkmäler in Novigrad besitzt großen kulturellen und künstlerischen Wert. Einige unter diesen Reliefs gehören zu den besten Werken vorromanischer Skulptur, nicht nur in Kroatien, sondern weit darüber hinaus. Die Novigrader Kathedrale war in der Tat reich ausgestattet, ihr steinernes und marmornes Inventar schmückten Dutzende von laufenden Metern dichter, mühselig und minutiös gemeißelter Ornamente. Wenn man dieses kostbare künstlerische Unterfangen im geschichtlichen Kontext betrachtet, erscheint es als ein großes, nicht-verbales historisches Dokument, ein wahrhaftiges Archiv in Stein. Diese Kunstwerke müssen in den historischen Kontext Istriens und Novigrads am Ende des 8. und Anfang des 9. Jahrhunderts gesetzt werden, um herauszufinden, welche Beweggründe und -kräfte hinter einem derart außerordentlichen und ambitiösen Auftrag steckten. Mit dem Beginn und der Festigung der fränkischen Herrschaft in Istrien werden zwei Persönlichkeiten aus Novigrad verknüpft. Vor allem Bischof Mauritius, der in zwei Dokumenten Erwähnung findet: in der Inschrift des Novigrader Ziboriums und dem genannten Brief des Papstes Hadrian aus dem Jahr 876–880. In diesem Brief bittet der Papst Karl den Großen, dem Bischof Unterstützung zu gewähren. Mauritius, der von einigen Istriern der Zusammenarbeit mit den Franken beschuldigt, geblendet und vertrieben wurde, nennt er dabei Episcopus Histriensis, den Bischof von Istrien. Im päpstlichen Brief wird er also nicht explizit als Bischof von Novigrad bezeichnet, sondern als "Bischof von Istrien", obwohl zu jener Zeit in Istrien mindestens drei selbständige Bistümer existierten. Es wird angenommen, dass Bischof Mauritius von Papst Hadrian und Karl dem Großen nach Istrien entsandt wurde, um eine besondere Aufgabe zu erfüllen, die auch die Gründung eines neuen Bistums beinhaltet haben könnte. Eine solche Bistumsgründung in Novigrad wird in einem späteren Dokument, im Diplom Otto III aus dem Jahr 996, erwähnt, das die Daten aus der Karolingerzeit wiedergibt (MARGETIÆ, 1983, 123). Diesen Daten sei die Tatsache hinzugefügt, dass Anfang des 9. Jahrhunderts, also etwa dreißig Jahre später, Novigrad als Sitz des fränkischen Herzogs Dux Iohannes erwähnt wird. Im Text des Placitums von Ri¾ana ist zu lesen, dass Herzog Johannes in Novigrad Hof hielt und in der Umgebung leibeigene Bauern besaß. Die Annahme, dass der Dux in Novigrad residierte, wird auch durch die Tatsache unterstützt, dass er dort - im Unterschied zu anderen istrischen Städten, die Steuern zu entrichten hatten - "Einkommen von der Kanzlei" bezog. All dies führt zum Schluss, dass die Novigrader Kathedrale zu dieser Zeit eigentlich eine Hofkathedrale war, gegründet gerade infolge der politischen Veränderungen im Zuge der Einführung fränkischer Herrschaft in Istrien. Das wäre auch eine Erklärung dafür, dass im päpstlichen Brief Mauritius von den übrigen Bischöfen ausgenommen und "Bischof von Istrien" genannt wird. Schriftliche Dokumente aus dieser Periode vermitteln trotz ihrer Bedeutung und ihres Wortreichtums nicht allzu viel Erkenntnisse über Novigrad. Gerade durch die Verbindung der materiellen Überreste der üppigen, einem politischen Zentrum angemessenen Kirchenausstattung kann man den Höhepunkt Novigrads besser verstehen. Bereits um die Mitte des 9. Jahrhunderts wurde der herzogliche Sitz nach Friaul verlegt, und Novigrad führte das Leben eines kleinen Bischofssitzes weiter.
 
Galerija Rigo
 
 

Prof. dr. sc. Miljenko Jurkoviæ
Die Denkmallandschaft Novigrads in Geschichte und Gegenwart


Ivan Matejèiæ
Frühmittelalterliche Denkmäler des Lapidariums und die Novigrader Kathedrale


Jerica Ziherl
Zusammengefasste Chronologie des Novigrader Lapidariums
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